Sie stand im Foyer des Hauses und wartete. Sie wartete wie jeden Tag. Heute fror sie ein wenig, aber es würde nur noch ein paar Minuten dauern. In Gedanken resümierte sie noch einmal ihren Pflichtenkatalog. Sie war frisch gebadet, glatt rasiert und seinen Wünschen entsprechend zurecht gemacht. Sie hatte dafür gesorgt, dass das Essen bereit stand und das Haus sauber und aufgeräumt war. Alles war vorbereitet. Nun blieb ihr nur noch zu warten.
Sie dachte darüber nach, wie ihr Leben vor all dem hier ausgesehen hatte. Wie alles in Unordnung geraten war. Wie sie die Kontrolle verloren hatte und ihr alles aus den Händen geglitten war… Das schien ihr soweit weg in diesem Moment. Sie hatte los gelassen. Ihre Vergangenheit, ihre Gegenwart und ihre Zukunft. Alles war gut geworden. Keine falschen Entscheidungen mehr, keine Verantwortung, die ihr zuviel wurde, weder für sich noch für andere. Keine Notwendigkeit mehr, sich selbst zu betrafen, ein schlechtes Gewissen zu haben, für andere da sein zu müssen und ständig in der Gewissheit zu leben, was immer sie tat, es sei nicht genug. Jetzt war alles in Ordnung. Sie hatte die Verantwortung für ihr Leben abgegeben und ihr altes Leben beendet. Sie war neu geboren worden. In einer besseren Welt. Sie lächelte. Soviel Pathos, dachte sie. Aber es stimmte. Sie hatte ihren Platz gefunden und sie hatte keine Angst mehr. Jetzt hörte sie seine Schritte auf den Stufen. Sie nahm Haltung an, gerader Rücken, den Kopf erhoben, Hände auf den Rücken. Die Tür öffnete sich, er betrat die Halle.
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